Nach einigen Tagen des ziellos durch die vertrauten Orte der alten Heimat ziehen und bei Freunden unterkommen, ging es mit einer Mitfahrgelenheit nach Südfrankreich. Zu 3. zogen wir (Steffi, Lutz und ich) los und saßen uns einen Tag den Popo wund, um nach 10 Stunden Durchgeschüttelt-werden in Perpignan auszusteigen, wo unsere Freundin Estelle wohnt. Perpignan als Stadt ist recht hübsch, aber das Minenfeld aus Hundehaufen, die auf Grund mangelnder Grünflächen, überall rumliegen, machen das Durchlaufen der Straßen zur Herausforderung. In der Nacht kamen wir an, verbrachten einen Tag am Strand mit viel Wind (und Eis für 2,50Euro die Kugel!), um am folgenden Tag Richtung Pyrenäen aufzubrechen. Das Trampen ging super einfach und wir trafen einige nette Menschen, bis uns dann gesagt wurde, dass auch für einen Euro ein Bus fährt. Die 3 Euro hatten wir und ließen uns an der Haltestelle rauslassen. Ich wurde mit Gepäck zurückgelassen, damit die anderen beiden noch einkaufen konnten – schließlich sollten die nächsten Tage im Freien nicht ohne ausreichend Vorräte verbracht werden müssen. Mit der Gitarre saß ich in der Sonne und nutzte die Zeit bis zur Rückkehr meiner Freunde, als sich ein etwas skurriler aber super freundlicher älterer Mann zu mir gesellte und meine Musik feierte. Wir sangen zu 2 ziemlich viel Blödsinn und hatten viel Spaß. Lutz meinte später, dass das der alte Weise gewesen sei, der den jungen Reisenden auf ihrem Weg hilft. Und ja er hat uns in den richtigen Bus gesetzt und auch gesagt, wann wir aussteigen müssen. Vielleicht war er es wirklich?;) Kurz vor der Dämmerung kamen wir in einem kleinen Ort in den Bergen an, an dem es heißen Quellen gibt. Ein knackiger Spaziergang bergauf später, fanden wir die vertraute Umgebung vor, die Lutz und ich vor 2 Jahren zum ersten Mal aufsuchten.
In einem kleinen Tal gelegen läuft ein kleiner Fluss durch das Geröll. Überall wurden von Menschen Terrassen in die Berge gebaut, um dort besser Tiere weiden lassen zu können, und vielleicht auch für Landwirtschaft. Vorherrschend wachsen dort Eschen, deswegen spreche ich auch gerne vom Eschenhain. Weiterhin gibt es noch unzählige Hagebuttensträucher, an denen wir uns gut sattgegessen haben und auch Marmelade gekocht haben. Mitten im Eschenhain kommt eine heiße Quelle aus dem Boden. Mindestens 80°C heißes Wasser, dass dann bergab in aus Steinen gebauten Becken fließt und somit für jeden ein Becken mit der richtigen Temperatur bietet. Dort angekommen bauten wir unser 3 Personen Zelt auf, in dem es doch mal kuscheliger wurde, besonders als unser Freund Fabi in der folgenden Nacht mit dem Fahrrad im Schneesturm ankam und wir ihn mit im Zelt einquartierten, damit er uns nicht erfror. Die folgenden Tage waren von Kochen, Essen und in der Sonne oder im heißen Wasser entspannen geprägt. Wir fanden eine Axt und verarbeiteten alte, tote Bäume zu Brennholz, sammelten Wildkräuter wie Brennnessel und Vogelmiere und genossen das Leben. Lange Spaziergänge durch das Tal und die Schlucht waren an der Tagesordnung. Ungestört vom Elektrosmog der Gesellschaft: keine Autos und Häuser, kein Licht, kein Krach und kein Stress. Nur Vögel und Wind als Geräusche – oder wir, die rumgeträllert haben 😉 Es gibt auch einige Menschen, die den Eschenhain zu ihrer Heimat erklärt haben, und die sich dort aus Holz und Planen Behausungen gebaut haben. Die Gärten sind sehr schön und ich kann mir vorstellen, dass es im Sommer auch gut warm wird, im Winter kann es dank heißer Quelle nicht kalt werden. Auch die Hagebutten, die dich mit Vitamin C versorgen und die Eschen, die super Holz bieten, machen diesen Ort zu einer guten Heimat. Aber ich versteh nicht, warum sich die Leute nicht richtig gute Hütten bauen, sondern so schnell gemachte einfach Lösungen, statt etwas dauerhaftem.
Für den letzten Tag kamen noch Estelle und ihr Freund Sam vorbei und brachten neben guter Gesellschaft neues Essen mit. Sam verkauft Tinkturen und Öle aus eigener Herstellung, von Kräutern, die er selbst pflegt und erntet. Das fand ich sehr interessant mit ihm zu reden und zu sehen, wie er sein tägliches Brot verdient. Estelle hat den Weinbetrieb ihrer Eltern auf Bio umgestellt, und ist Teil einer Bio-Kooperative von Bauern aus der Region, die dann zusammen einen Markt organisiert haben, um ihre Produkte zu verkaufen. Dort ist dann auch wieder Sam anzutreffen, der seine Öle und Tinkturen verkauft, aber auch Imker, andere Weinbauern und viel Obst und Gemüse – im Frühjahr nicht so sehr, aber im Herbst. Sam brachte uns eine Frucht mit, die wir alle nicht kannten : Cherimoya (Annona cherimola). Sieht ein wenig aus, wie eine Artichoke, aber wächst am Baum, hat weißes Fruchtfleisch mit großen Samen und einer Haut, die nach Rosmarin schmeckt. Abgefahren! Die möchte ich mal im eigenen Garten wachsen lassen- genug Samen habe ich 😉
Nach 6 Tagen in den Pyrenäen sind wir alle mit Sonnenbrand wieder für einen Euro zurück nach Perpignan. Diese Busse sind echt toll! Wieso gibt es sowas in Deutschland nicht? Für einen Euro kriegt man hier nichtmal einen Fahrschein und dort wird man 60 oder 100km mitgenommen. Wir genossen noch einige Tage unsere Gesellschaft im Estelles Wohnung, zogen durch die Stadt und kochten abends in großen Mengen. Lutz musste kurzdarauf zurück nach Freiburg, da er einen Auftritt hatte und Steffi und ich wollten weiter nach Spanien. Fabi ist leider krankgeworden und erholte sich weiter bei Estelle und so trennten sich unsere Wege vorerst, kurz vor der spanischen Grenze. Es tat uns richtig gut, wieder mal nur zu sein, sich keinen großen Kopf darum zu machen, was jetzt weiter passiert und was wir machen wollen. Jede(r) von uns konnte die Zeit mit sich und den anderen dafür nutzen sich zu orientieren und wir sponnen unsere Utopien und Träume von Selbstversorgerhöfen, die wir besuchen wollen um zu lernen. Von Reisen mit dem Fahrrad, per Anhalter zu Fuß oder mit dem Schiff. Sprachen über die Unverantwortlichkeit der Gesellschaft und wohin uns dieser Livestyle führen mag. Uns wurde klar, dass das Einzige was wir tun können unseren eigenen Weg suchen, finden und gehen ist. Auf der Suche nach Alternativen.